Ungewöhnlich viele Zuhörerinnen und Zuhörer zeigten Interesse für die Gemeinderatssitzung am 27.Juli. Das spiegelte die Bedeutung der zu behandelnden Themen wider: Die Abwägung der Einwendungen der öffentlichen Auslegung zum Bebauungsplan "WA Grafenricht - Am Bürschling" und Verlegung der Industriestraße "Osttangente".
Bebauungsplan "WA Grafenricht - Am Bürschling" - Wesentliche Einwände kamen von der Industrie- und Handelskammer und einem angrenzenden Handwerksbetriebs. Es wurde angemahnt, dass im ursprünglichen Plan die neuen Baugrundstücke zu nahe an den Betrieb reichen. So könnten Konflikte wegen des Lärmschutzes entstehen. Die Bauträger des Baugebietes haben bereits im Vorfeld der Sitzung reagiert. Sie wandelten die zwei betroffenen Bauparzellen in eine öffentliche Grünfläche um, die zugleich Teil der geforderten Ausgleichsfläche ist. Weitere Einwände wurden aufgenommen bzw. zur Kenntnis genommen oder hatten keine rechtliche Relevanz. Die vom Planungsbüro vorgetragenen Abwägungen und Stellungnahmen wurden vom Gremium durchgehend einstimmig beschlossen.
Verlegung der Industriestraße "Osttangente" - Ein durchaus emotionales Thema war das weitere Vorgehen zur Industriestraße. Der Gemeinderat hatte in jüngster Vergangenheit aktuelle Gutachten und Stellungnahmen angefordert, um eine begründete und tragfähige Entscheidung treffen zu können. So gab es eine sogenannte "BNT-Kartierung", in der die Belange des Umweltschutzes geprüft wurden, eine eintägige Verkehrserhebung, eine Stellungnahme zur schalltechnischen Untersuchung, Aussagen der Regierung der Oberpfalz und der Betriebe im Industriegebiet.
Die geplante Trasse der "Osttangente" führt zum Teil durch Biotope. Seltene, auch geschützte Tier- und Pflanzenarten sind dort anzutreffen.
Die eintägige Verkehrserhebung ergab einen nicht all zu großen Anstieg des fließenden Verkehrs im Vergleich zur letzten Messung in 2012.
Schallschutztechnisch sind ohne großes, aufwendiges Gutachten zur möglichen neuen Trasse keine Aussagen zu treffen. Der Bestand der Industriestraße kann hinsichtlich des Lärmschutzes durchaus verbessert werden (Flüsterasphalt ggf. Verbesserung der Lärmschutzwand).
Verfahrenstechnisch haben sich für ein Planfeststellungsverfahren die Hürden deutlich erhöht. Die nötigen Gutachten dürfen nicht älter als fünf Jahre sein. Stärker als bisher müsste ein Neubau detailliert begründet werden und eine genauere Betrachtung des Ist-Zustandes erfolgen.
Die Betriebe im Industriegebiet sehen aktuell - entgegen der Aussagen vor einigen Jahren - keinen dringenden Bedarf, die Verkehrsanbindung unseres Industriegebietes zu verbessern.
Die SPD-Fraktion betrachtete das ganze Unterfangen sehr differenziert. Schließlich war die SPD immer Befürworterin der Verlegung der Industriestraße. Dabei stand der Schutz der Menschen vor dem Straßenlärm immer im Vordergrund. Daher drängte Fraktionssprecher Günther Pronath darauf, den Lärmschutz auch dann mit Nachdruck voranzutreiben, wenn die geplante "Osttangente" nicht realisiert wird. Er übte Kritik an der Verkehrsmessung im Herbst 2021, da diese nur an einem Tag in der Wochenmitte durchgeführt wurde. Somit sei sie wenig aussagekräftig, da auch der immer stärker werdende touristische Verkehr in der Sommersaison und an den Wochenenden nicht abgebildet werde. Hauptforderung der SPD-Fraktion war es schließlich, dass das Planungsverfahren für die "Osttangente" nicht sofort beendet wird, sondern nur ruhend gestellt wird. Für den Fall, dass das Schallschutzgutachten für die bestehende Industriestraße nicht die erhofften Möglichkeiten einer Verbesserung im Bestand bringen würde. Dies wurde später gegen die 3 Stimmen der SPD abgelehnt. Die Abstimmung ergab, dass alle Planungen zur "Osttangente" eingestellt werden.
Die weiteren Beschlüsse
Des Weitern wird auch das ruhende Planfeststellungsverfahren für die Nordumgehung beendet. Die Verwaltung wird beauftragt, Angebote für die Sanierung der Industriestraße im Bestand einzuholen, inklusive Lärmschutzberechnung. Ebenso soll ein Baugrundgutachten entlang der Industriestraße erstellt werden, um alle nötigen Daten für eine Sanierung vorliegen zu haben.
Fazit Insgesamt wird mit dieser Entscheidung ein langer Prozess beendet. Die berechtigten Belange des Umweltschutzes und die entsprechend geänderten Sichtweisen in Gesellschaft und Politik sowie die strengen Verfahrensrichtlinien waren ausschlaggebend. Wichtig bleibt es nun, die Menschen mit geeigneten Maßnahmen im Bestand vor den Belastungen der Industriestraße zu schützen und zwar möglichst rasch und nachhaltig.